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»Kleine Wunder in der Altenhilfe mit ein bisschen Grün..«

„Ach, die sind ja schön“, spricht mich Frau S. an, als ich mit einem Korb geschnittener Rosen in die Senioreneinrichtung komme. Sieben Bewohner mit Demenz sitzen um einen Tisch im Aufenthaltsraum. Wir haben heute Pech. Es regnet, und deshalb kann die Gartenstunde nicht draußen stattfinden. Heute steht die Rose im Mittelpunkt der Gartenstunde, jeder darf ein kleines Gesteck unter meiner Anleitung machen. Frau M. meint, sie mache lieber nicht mit, Rosen stacheln immer furchtbar, sie sei da sehr empfindlich. Obwohl ich ihr zeige, dass die Rosen stachellos sind, möchte sie heute in der zweiten

Reihe sitzen bleiben und nur zuschauen. Das ist in der Gartenstunde nicht selten, dass manche nur kurz vorbeischauen. Das ist kein Problem, denn die Teilnahme ist freiwillig, sie soll Freude machen, kein Unbehagen oder gar Angst erzeugen.

 Im Laufe der Gartenstunde rückt Frau M. dann doch näher und möchte mal an den Rosen riechen. Herr P. erzählt mir „Ich habe meiner Frau oft im Garten geholfen, ich habe immer die Rosen schneiden müssen. Aber jetzt...“ Betretenes Schweigen. Eine Altenpflegerin erwidert darauf schnell: „ Aber Herr S., Sie können doch mal mit Ihrer Tochter zu den Rosen im Garten spazieren“. Er winkt nur ab.

 Das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, nichts mehr zu können, das kennen viele der Senioren, besonders der Demenzkranken. Doch heute wird Herr S. die Rosen für die TeilnehmerInnen in die richtige Länge schneiden. Selber floristisch arbeiten möchte er nicht. Er ist der Meinung, das sei eher etwas für Frauen.


Der Garten als Therapiemedium

Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Kontrolle, Bindung, Selbstwerterhöhung und Lustgewinn (Klaus Grawe). Hier kann der Garten als Therapiemedium, gerade im Bereich der Demenz, nachhaltig die körperliche, soziale und psychische Gesundheit und Lebensqualität erhalten bzw. steigern. Therapeutisches Gärtnern, Säen, Topfen, Floristik, entsprechend abgestimmt auf die individuellen Fähigkeiten der Senioren, das ist der Inhalt einer Gartenstunde. Dabei werden Motorik genauso wie Konzentration und Kommunikation geschult. Wir beschäftigen uns mit dem Werden und Vergehen und erhalten Orientierung durch die Jahreszeiten.

 Indem wir beispielsweise die Rose mit allen Sinnen „begreifen“, werden die Sinne aktiviert und stimuliert. Und Sinneswahrnehmungen lösen Erinnerungen aus.

 In einer anderen Gartenstunde befassten wir uns mit dem Löwenzahn. Es erzählte eine Dame, wie man damals im Krieg aus Löwenzahnwurzeln eine Art Kaffeeersatz gemacht hat. Hätten Sie das gewusst?

  Ältere Menschen verfügen oft über eine hohe Kompetenz auf diesem Gebiet, und Pflanzen sind die biografischen Elemente, die den Bewohnern Geschichten entlocken.

Plötzlich werden wir zum Lernenden, so wie der Bewohner der Pflegende

für die Pflanze wird und Verantwortung übernimmt. Kommt ein Angehöriger zu Besuch, wird die Situation vielleicht umgedreht, und dieser wird beschenkt mit einem Gesteck, Kräutersalz oder Tee, selbst hergestellt in der Gartenstunde.

 Die Arbeit im Garten ist jedoch auch schon mit den fitteren Senioren eine sinnvolle Beschäftigung, nicht erst wenn sie an Demenz erkrankt sind. Wie gut Natur tut, wissen wir selbst am besten. Aufenthalte draußen stärken das Immunsystem, Licht wirkt gegen Depressionen und Stress wird reduziert. Also gehen Sie nach  draußen, gehen Sie in den Garten! Aber was ist z.B. mit den Menschen, die mobil eingeschränkt oder gar bettlägerig sind?


Der Blick ins Grüne

Dr. Roger S. Ulrich, ein Wissenschaftler aus den USA, hat in einer Studie von 1972-1981 herausgefunden, dass der Blick ins Grüne den Heilungsprozess von Patienten positiv beeinflusst. In Senioreneinrichtungen beobachtet man, dass die Bewohner, die im Garten arbeiten, besser schlafen können und insgesamt in ihrem Verhalten ruhiger sind.

 In der Altenhilfe wird gerne über Ressourcen-, Geld- und Personal- mangel gesprochen. Doch können wir mit wenig Mitteln auch diesen Menschen das Recht auf Natur ermöglichen. Einen bunten Wiesenblumen- strauß ans Bett stellen oder ein paar duftende Lavendelzweige, Rosen oder Kräuter aus dem Garten mitbringen. Natürlich hat nicht jede

Senioreneinrichtung die Möglichkeit, einen Garten anzulegen. Aber schon mit einem blühenden Balkonkasten oder gemeinschaftlich bepflanzten Pflanzkübel können Sie das Grün nach drinnen holen.

 Das Thema Garten eröffnet Dialoge, es kann ein Türöffner bei Demenz sein. Frau S. erzählt beim Anblick der Rosen: „Ich liebe Rosen, schon meine Mutter hatte ein Händchen für Rosen. Sie blühten an der Eingangstür, und jeder bestaunte sie. Und dieser Duft!“ Ihre Augen beginnen zu leuchten, und ein Lächeln breitet sich über ihr Gesicht aus.

 Es ist dieser kurze Moment der Freude, der das Leben für den Menschen lebenswerter macht.

Ein Bericht von Stefanie Hermann,
Dipl.-Ing. Architektin & Gartentherapeutin,
Garten für Alle,
Martermühle 1A,
85617 Aßling,

Tel.: (0 80 92) 3 20 36 88,
Fax: (0 80 92) 3 20 36 86,

E-Mail:    gartenfueralle@googlemail.com,
Internet: www.gartenfueralle.de

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Gartentherapie sowie Planungen zu Sinnes- und Therapiegärten.